“Mein Kind zählt nur noch Kalorien!“ – Wie soziale Medien Jugendliche beeinflussen
„Ich esse in der Schule nichts. Ich will nämlich abnehmen!“ – diesen Satz habe ich neulich am Bahnhof gehört, als sich zwei junge Mädchen miteinander unterhalten haben. Dem Thema, dass junge Menschen abnehmen wollen, begegne ich sowohl privat als auch in meiner Tätigkeit als angehende Gesundheitswissenschaftlerin immer wieder.
Aus meiner Sicht spielen dabei die Sozialen Medien eine zentrale Rolle und ich frage mich, wieso gegen die vermeintlichen Schönheitsideale in den Sozialen Medien nichts unternommen wird. Ob bei Instagram, YouTube oder TikTok – immer wieder sieht man schlanke, sportliche Frauen im Bikini und fragt sich vielleicht: „Wieso sehe ich nicht auch so aus?“
Vergleichen ist normal
Ich glaube, jede*r hat sich schon mal mit anderen verglichen – das ist auch völlig normal. Zum Problem wird dies aber, wenn junge Mädchen und immer häufiger auch Jungs glauben, ebenfalls so aussehen zu müssen und anfangen, Kalorien zu zählen und übermäßig Sport zu machen.
Dass diese unzähligen Bilder in den Sozialen Medien dazu führen, dass sich Jugendliche zu dick fühlen und ihren Körper verzerrt wahrnehmen, ist aus meiner Sicht sehr gefährlich. Untergewicht, psychischer Stress und Essstörungen mit schweren gesundheitlichen Folgen können daraus entstehen. Jugendliche definieren sich oft nur noch über ihren Körper, was ich sehr schade finde, denn ich glaube, dass Menschen viel mehr ausmacht, als nur der Körper.
Hier sind einige Tipps, die aus meiner Sicht hilfreich sein könnten:
Für junge Menschen:
- Bestimmt ist das nicht einfach, aber du könntest mal überlegen, wem du z. B. auf Instagram folgst und ob diese Personen Zweifel an deinem eigenen Körper auslösen.
- Du kannst auch versuchen, weniger Zeit in den Sozialen Medien zu verbringen – nicht immer leicht, aber probiere es mal aus!
- Schau dich mal um! Du merkst schnell, dass die Menschen in deinem Umfeld, in deiner Nachbarschaft oder deiner Schule nicht so aussehen, wie die in Szene gesetzten Leute in den Sozialen Medien.
Für Eltern:
- Manchmal hilft es, wenn ihr euch fragt, wie ihr selbst zum Thema „Körper“, „Abnehmen“ und „Diäten“ steht. Gesunde Körperideale zu haben, an denen sich dein Kind orientieren kann, kann deinem Kind helfen!
- Vielleicht kennst du Bemerkungen wie „Schon wieder Chips?“ oder „Hattest du nicht schon genug Eiscrème?“ Sie helfen in den seltensten Fällen weiter. Versuch doch mal, deinem Kind gesundes Fingerfood wie Gemüsesticks mit Dip, Apfelschnitze, Weintrauben oder ein Glas Wasser mit Zitronenscheibe hinzustellen.
- Auch beim gemeinsamen Kochen und Essen kann eine gesunde Beziehung zur Ernährung aufgebaut werden. Kocht doch mal gemeinsam!
- Versucht, mit eurem Kind im Gespräch zu bleiben – es könnte vielleicht ein erster Schritt sein, wenn du dich fragst, woher der Wunsch nach dem Abnehmen bei deinem Kind kommt und was es zu diesem Schritt bewegt.
Neben all dem sollten Kinder und Jugendliche wie Eltern wissen, dass sie nicht alleine sind. Es gibt Beratungsstellen, wo Fragen gestellt und Hilfen gefunden werden können, zum Beispiel:
- Mädchenhaus Bremen e.V. (Für Mädchen* und junge Frauen*)
- Gewitterziegen e.V. (Für Mädchen*, junge Frauen* und Eltern/Angehörige)
- Netzwerk Selbsthilfe Bremen-Nordniedersachsen e.V.
- Elternkreis Essgestörter Töchter und Söhne Bremen
Außerdem gibt es weitere bundesweite Anlaufstellen, wie zum Beispiel:
- bke-Jugendberatung (Chat, Forum, Mail-Beratung)
- bke-Elternberatung (Forum, Gruppenchat, Einzelberatung)
- Nummer gegen Kummer (Für Kinder und Jugendliche)
- Nummer gegen Kummer (Für Eltern)
- Essstörungen (BZgA)
- ANAD e.V. (Für Betroffene und Angehörige)
Natürlich können sich betroffene Jugendliche und deren Eltern an die Kinder- und Jugendärzte/-ärztinnen sowie spezialisierte Kinder- und Jugendpsychiater*innen bzw. Kinder- und Jugendpsychotherapeut*innen vor Ort wenden. Für Ersttermine ist es möglich, sich an die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung zu wenden. Auch die meisten Krankenkassen bieten Informationen.
Oder erkundigt euch beim familiennetz bremen nach passenden Stellen.
Emmelie Rupp studiert im 5. Semester Public Health an der Universität Bremen und absolviert noch bis Februar ihr Praktikum beim familiennetz bremen.