Alleinerziehende: Armut und Benachteiligung bleiben drängende Probleme

24.10.2024

Die sozioökonomische Lage von Alleinerziehenden ist weiterhin äußerst schwierig. Um dem zu begegnen, ist der Bremer Aktionsplan Alleinerziehende zwar ein erster Schritt, jedoch längst nicht hinreichend. Das belegt eine aktuelle Studie des Instituts Arbeit und Wirtschaft (iaw) im Auftrag der Arbeitnehmerkammer. Im Land Bremen ist fast jeder vierte Familienhaushalt alleinerziehend – die meisten davon sind Mütter.

Trotz ihrer hohen Erwerbsbeteiligung leben viele Alleinerziehende mit ihren Kindern in prekären Verhältnissen. „Alleinerziehende in Bremen sind überdurchschnittlich von Armut betroffen und stehen im Alltag vor enormen Herausforderungen“, mahnt Peer Rosenthal, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Bremen.

Armut und soziale Benachteiligung

Die Studie zeigt, dass etwa 55 Prozent der Alleinerziehenden in Bremen Sozialleistungen beziehen, zum Teil ergänzend zum Erwerbseinkommen. Niedrige Löhne, fehlende Unterhaltszahlungen und die Nichtinanspruchnahme staatlicher Unterstützungsleistungen tragen zur Einkommensarmut bei. „Die Einkommenssituation von Alleinerziehenden ist oft prekär, und der Weg aus der Armut bleibt trotz Erwerbstätigkeit schwierig“, belegt Studienautor René Böhme vom iaw.

Demnach befinden sich viele Alleinerziehende in Armut in einem „Teufelskreis“. Die Belastungen der Betroffenen hätten sich durch die Corona-Pandemie noch verschärft. Viele Alleinerziehende berichteten von gesundheitlichen Problemen und starkem Stress durch die Doppelbelastung von Beruf und Familie.

Wohnungssituation und fehlende Netzwerke

Auch die Wohnungsnot trifft Alleinerziehende besonders hart. Sie leben häufig konzentriert in Quartieren mit viel zu wenig Kinderbetreuungs-angeboten und Möglichkeiten, soziale Netzwerke aufzubauen. Das schränkt ihre Erwerbsfähigkeit nachhaltig ein. „Die bestehende Kindertagesbetreuung deckt die Bedürfnisse vieler Alleinerziehender nicht ab. Hier sind flexible Betreuungsmodelle gefragt, um sie besser zu unterstützen“, fordert Rosenthal. Zudem geben viele Alleinerziehende einen überdurchschnittlich hohen Anteil ihres Einkommens für Mieten aus.

Aktionsplan Alleinerziehende ist erst ein halber Schritt

Die Arbeitnehmerkammer fordert eine stärkere Integration von Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, um die Lage von Alleinerziehenden zu verbessern. Der Bremer Aktionsplan mit seinem Fokus auf die Integration in den Arbeitsmarkt sei zwar der richtige Ansatz – doch ohne eine begleitende soziale und gesundheitliche Unterstützung von Alleinerziehenden liefen die Anstrengungen ins Leere.

Umfassende Unterstützung notwendig

„Viele der Maßnahmen in Bremen erfolgen durch zeitlich befristete Förderprojekte und eine Vielzahl paralleler Projekte, sodass die Unterstützungsangebot nicht transparent sind“, stellt Studienautor René Böhme fest. Auch fehle es vielfach an realistischen Zieldefinitionen.

„Langfristig brauchen Alleinerziehende eine bessere Kita-Betreuung, flexiblere Arbeitszeitmodelle sowie eine gezielte Förderung durch Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote“, betont Rosenthal. Die Studie zeigt deutlich, dass Arbeitsmarktprogramme alleine oft nicht ausreichen, um die Situation von Alleinerziehenden zu verbessern.

Bessere Verzahnung und ganzheitliche Strategie notwendig

Der Aktionsplan müsste laut Studie deshalb weiterentwickelt werden und strategisch Jobcoaching mit weiteren Themen verzahnen: von der Kinderbetreuung, der gesundheitlichen Unterstützung, über Sprachkurse oder Unterstützung bei Behördengängen bis hin zur Hilfe bei der Wohnungssuche.

Blick auf alle Bereiche des Lebens

Es bedarf einer ganzheitlichen Strategie, die langfristig angelegt ist, ressortübergreifend umgesetzt wird und frühzeitig ansetzt. Zum Beispiel durch vorbereitende Angebote für Alleinerziehende mit Kindern unter drei Jahren. „Alleinerziehende brauchen eine bessere Unterstützung auf allen Ebenen – von der Wohnungs- und Gesundheitsversorgung bis hin zur Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik“, so Rosenthal.

Quelle: Arbeitnehmerkammer Bremen, Pressemitteilung, 18.10.2024