Mit kleinen Schritten ein Ziel erreichen

© familiennetz bremen

4/7: Heute haben wir uns für unsere BRISE-Serie mit Türkan Erdogan von „ProKind“ gesprochen. Sie begleitet und unterstützt BRISE-Familien und weiß, dass man mit kleinen Schritten das Ziel viel sicherer erreichen kann.

Das Hausbesuchsprogramm „ProKind“ vom DRK Kreisverband Bremen e.V. unterstützt Familien in besonderen Lebenslagen. Seit mehreren Jahren gibt es eine Zusammenarbeit mit der Forschungsinitiative BRISE. So begleiten die Familien-Hebammen von „ProKind“ auch die Familien, die an BRISE teilnehmen.

Seit 2013 ist Türkan Erdogan bei „ProKind“ tätig und hat bislang fünf BRISE-Familien auf ihrem Weg begleitet und unterstützt, damit sie einen bestmöglichen Rahmen für sich und die Entwicklung ihrer Kinder herstellen können. Wir haben schon von BRISE-Familien gehört, wie positiv sich die Teilnahme auf die Familien auswirken kann und wie groß der Einfluss der Eltern auf die Entwicklung ihres Kindes sein kann.

Die BRISE-Familien, die wir interviewt haben, haben sich u.a. sehr begeistert über die Begleitung der Familienhebamme geäußert. Das war für uns der Grund, noch einmal bei Ihnen nachzuhaken.

Frau Erdogan, was mögen Sie an Ihrer Arbeit als Familienhebamme am liebsten?

„Was ich an meiner Arbeit mag, ist, am Ende die Entwicklung und den Schritt zu sehen, den die Familie gemacht hat und ich sagen kann „Jetzt haben wir es geschafft!“ Auch, wenn es nur wie ein kleines Puzzleteil wirkt. Ein Motto von „ProKind“ lautet „Kleine Schritte können Großes bewirken“. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man mit dieser Arbeitsweise, eben mit kleinen Schritten das Ziel viel sicherer erreicht. Und DAS am Ende zu sehen, ja, das macht mir wirklich Freude!“

Können Sie uns Beispiele nennen, bei denen Eltern durch Ihre Begleitung im Familienalltag etwas anders oder besser machen wollten?

„Es ist schon ein paar Mal vorgekommen, dass der Fernseher eingeschaltet war und das Kind davorsaß, während die Mutter mit etwas Anderem beschäftigt war. Ich habe gemerkt, dass sich diese Situation durch Gespräche zwischen mir und der Mutter verändert hat. Die Mutter hat mir zwei Wochen später erzählt, dass es ihr gar nicht bewusst war, dass Fernsehkonsum in diesem Alter so negative Auswirkungen haben kann. Für sie klar war, dass sich ihr Verhalten nun ändern wird.

Ein anderes Beispiel ist die Ernährung. Das fängt mit der Beikost an. Eltern erkennen schnell, dass Mutter oder Vater auch immer ein Vorbild sind. Kinder machen einen bei allem, was man macht nach – das gilt auch für die Ernährungsweise. Deswegen ist es wichtig, diese Vorbildfunktion zu erkennen und sie den Eltern auch immer wieder bewusst zu machen. Ich erlebe oft Mütter, die das erkennen – und sich dadurch auch etwas im Alltag der Familie ändert.

Auf welche Weise stärkt Ihre Begleitung die Familien?

„Für mich gehört es immer dazu, auch zu vermitteln, dass es gut ist, sich Hilfe und Unterstützung zu holen. Ein anderes Beispiel betrifft die alleinerziehenden Mütter.  Ich zeige ihnen, dass vieles machbar ist, indem ich sie motiviere und ihnen ihre Stärken deutlich mache. Ich möchte, dass sie merken, dass sie es schaffen können, z.B. neben dem Alltag mit ihrem Kind auch einen Schulabschluss oder eine Ausbildung zu machen.“

Haben Sie noch ein anderes Beispiel?

„Zum Beispiel wie Eltern mit den Kindern gemeinsam spielen können. Es gibt Mütter, die nicht mit ihrem Kind auf dem Boden sitzen oder mit ihm spielen, weil sie sich nicht vorstellen können, wie man mit einem fünf Monate altem Baby spielen kann. Ich zeige ihnen dann, wie das Spielen gelingen und welche Reaktionen sie bei ihrem Baby beobachten können.“

„Oder wenn ich den Müttern zum Beispiel erkläre „Wenn du das machst, wirst du diese Reaktion bei deinem Kind sehen.“ Wenn die Mütter genau dies dann im Umgang mit ihrem Kind erkennen, freuen sie sich. Oder wenn ich aus unseren NEST-Materialien vorlese, in denen steht, was Babys mit ungefähr drei Monaten alles machen und die Mütter dann sagen „Ja, unsere Kleine macht das auch!“ oder „Stimmt, das macht sie schon seit letzter Woche!“ oder „Das noch nicht, aber das wird bestimmt nächste Woche kommen. Die Mütter lernen auf diese Weise noch viel mehr auf ihr Kind und dessen Entwicklung zu achten.“

Und was ich den Müttern auch immer sage, ist „Auf keinen Fall vergleichen – denn jedes Kind ist anders!“.

Wenn ein Entwicklungsschritt noch nicht erreicht ist, empfehle ich den Eltern dies mit ihrem Kinderarzt bzw. ihrer Kinderärztin zu besprechen oder eine Frühförderstelle in Bremen aufzusuchen. Wenn die Eltern das wünschen, dann begleite ich sie auch.


Türkan Erdogan ist Familienhebamme bei Pro Kind, einem Hausbesuchsprogramm vom DRK Kreisverband Bremen e.V. Seit 2013 begleitet sie darüber BRISE-Familien auf ihrem Weg.