Think big! Jana Latzel gibt Tipps für den Wiedereinstieg ins Berufsleben

Jana Latzel ist Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Agentur für Arbeit Bremen-Bremerhaven. Im Bremer Büro unterstützt sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Silke Steckel Menschen beim Wiedereinstieg in den Beruf, zum Beispiel nach einer Familienzeit mit kleinen Kindern oder wenn sie Angehörige gepflegt haben.

Wir vom familiennetz bremen wollten einmal genau wissen, wie ihre Unterstützung aussieht – und mit welchen Tipps ein Wiedereinstieg am besten gelingen kann.

Hallo Frau Latzel, Sie arbeiten in der Agentur für Arbeit als Beauftragte für Chancengleichheit. Was machen Sie da?

„Die Aufgaben der Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt sind ganz unterschiedlich. Wir beraten und unterstützen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie deren Organisationen in allen Fragen des beruflichen Fortkommens und des Wiedereinstiegs in den Beruf. Das Ziel ist es aber immer die Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt voran zu bringen.“

Wiedereinstieg klingt bekannt, aber was genau bedeutet für Sie „Wiedereinstieg“?

„Wiedereinstieg bedeutet, dass Menschen, die ihre Berufstätigkeit über einen gewissen Zeitraum hinweg unterbrochen haben, etwa um Kinder zu betreuen oder um pflegebedürftige Angehörige zu versorgen, sich wieder dem Erwerbsleben zuwenden. Diese Eingliederung in die unterbrochene Berufstätigkeit nennen wir Wiedereinstieg.“

Wie unterstützen Sie Menschen, die wieder zurück ins Berufsleben möchten. Worin besteht Ihre Hilfe?

„Unsere Unterstützungsmöglichkeiten sind äußerst vielfältig. Wir beraten und informieren Frauen, wie sie Familie und Job unter einen Hut bringen können, um beruflich wieder durchzustarten, wie sie eine für sich passende Arbeitsstelle finden oder auch, ob bspw. eine (Teilzeit-) Ausbildung sie zu einem Berufsabschluss bringt.

Auch Kinderbetreuung ist ein Thema, wir können helfen, wenn die geplante Arbeitsaufnahme oder der Ausbildungsstart wegen fehlender Kinderbetreuung zu scheitern droht.

Wir können bei der Finanzierung von Aus- und Weiterbildungen unterstützen. Wir konzipieren und organisieren verschiedene Veranstaltungen wie Vorträge und Workshops. Hierbei reicht die Themenpalette von der Online Bewerbung, über Vorstellungsgespräche bis zum Workshop mit dem Schwerpunkt Gehaltsverhandlung.“

Warum wollen Frauen wieder am Berufsleben teilhaben? Was erleben Sie am häufigsten?

„Da sind vor allem die finanziellen Beweggründe. Das zur Verfügung stehende Haushaltseinkommen reicht nicht oder soll erhöht werden. Zu diesen wirtschaftlichen Überlegungen gehören auch die Planungen zur Altersvorsorge, da sich mit dem Wiedereinstieg die bestehenden Rentenansprüche natürlich erhöhen. Leider wird gerade dieser Punkt häufig unterschätzt.

Der Wunsch nach Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt hat aber oft auch damit zu tun, noch einmal etwas Neues zu machen. Meist nach einer längeren Familienzeit und mit steigendem Alter, dann haben viele Frauen erstmals wieder Freiraum, Dinge für sich zu tun.  Und leider gibt es auch ungewollte Ereignisse, wie Scheidung oder Tod eines Angehörigen, die diesen Schritt wirtschaftlich nötig machen.

Als ich in meinem Beruf angefangen habe vor ca. 15 Jahren, haben Frauen lange Familienzeiten genommen und waren oft zehn bis 20 Jahre zu Hause. Heute hat sich das geändert. Junge Frauen wollen oder müssen immer früher wieder einsteigen, meist schon nach ein bis zwei Jahren. Der Wiedereinstieg ist aber trotzdem meistens kein Selbstläufer und je länger die Familienpause andauert, desto größer wird die Herausforderung ihn erfolgreich zu meistern.“

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Stolpersteine für den Wiedereinstieg in den Beruf?

„Frauen geht oft das berufliche Selbstvertrauen verloren und sie verkennen ihre eigenen Fähigkeiten. Die berufsrelevanten Kompetenzen, die sie während der Erwerbspause erworben haben, z.B. auch durch Ehrenämter, werden übersehen. Deshalb liegt ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor in der Stärkung der Frauen.

Viele denken, gerade nach einer längeren Auszeit: Ich habe nichts Wichtiges gemacht und ich kann ja nichts mehr. Hinzukommt, dass die einstmals erworbenen Qualifikationen nicht mehr aktuell sind oder bislang noch gar kein beruflicher Abschluss vorhanden ist. Der Großteil der Frauen will oder kann auch nur in Teilzeit, oftmals nur vormittags, arbeiten. Dies ist schwierig, da wir gerade in Bremen relativ wenig Arbeitsstellen in Teilzeit haben.“

Wie sollten die Schritte zum Wiedereinstieg Ihrer Meinung nach aussehen?

„Der Wiedereinstieg ist eine große Chance. Ich nenne sie „Die drei großen K des Wiedereinstiegs“:

  • Kommunikation:
    Was will ich selber? Welche konkreten Vorstellungen habe ich? Was kann ich gut?  Man sollte sich auch fragen, was einem persönlich wichtig ist: Geld, Karriere oder Freizeit.
  • Konzeption:
    Erstellen Sie sich Ihren Wiedereinstiegsplan. Hierbei muss die künftige Berufswegplanung natürlich in die eigene Lebenssituation passen. Das heißt, der Arbeitszeitrahmen sollte klar sein und die Kinderbetreuung organisiert. Vielleicht wollen Sie Ihr Studium beenden oder eine Ausbildung beginnen?
  • Konzentration:
    Umsetzung – Wenn Sie mit Ihrem Wiedereinstieg beginnen betrachten Sie diese Zeit wie Ihren neuen Job – bezüglich Ihres persönlichen und zeitlichen Einsatzes.

Daneben rate ich Frauen immer: „Think big“, das heißt trauen Sie sich etwas zu!“


Gibt es Beispiele oder Erlebnisse aus Ihrem Job, bei denen Sie sagen: Da hat es toll geklappt!

„Die gibt es immer wieder. Einige Wochen nach einem Workshop zum Thema „Gehaltsverhandlung“ rief mich eine Frau an, bedankte sich und erzählte, dass sie sich endlich getraut habe, ihren Chef nach mehr Gehalt zu fragen. Und es hat funktioniert!

Oder eine syrische Frau kam zu mir und fragte, wie sie Krankenschwester werden könnte. Nach einem langen Gespräch hat sich herausgestellt, dass sie in Syrien als Ärztin gearbeitet hat und das wird sie nun hoffentlich auch bald in Bremen wieder tun.“

Was macht Ihnen an Ihrem Job am meisten Spaß?

„Immer wieder neue Menschen kennen zu lernen, sie ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten und bestenfalls ein Stück Hilfe und Unterstützung leisten zu können. Letztes Jahr habe ich eine IT-Offensive für Frauen gestartet.

Seitdem machen wir jeder Frau das Angebot vier Wochen lang die IT-Branche und damit oft eine ganz neue Arbeitswelt kennen zu lernen. Die Frauen, die Interesse haben, können sich dann qualifizieren lassen. Ich freue mich über jede Frau, die diese Chance ergriffen hat und zukünftig ergreift.“


Jana Latzel ist Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Agentur für Arbeit Bremen-Bremerhaven. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Silke Steckel unterstützt sie Menschen, vor allem Frauen, beim Wiedereinstieg in den Beruf.