Neue Hotline für junge Menschen bei psychischen Problemen

Neue Hotline in Bremen will junge Menschen bei Überforderung und psychischen Problemen unterstützen

Erste Partnerschaften und Trennungen, der Start in Studium oder Ausbildung, Leistungsdruck, der Auszug aus dem Elternhaus und die Erwartung, nun auf eigenen Beinen zu stehen und all dies möglichst perfekt auf die Reihe zu bekommen – der Übergang von der Jugend ins Erwachsenenleben kann sehr anstrengend sein. Der Weg ist mit jeder Menge Entscheidungen gepflastert.

„Das alles kann manchmal zu viel werden und zu großem psychischen Druck und Überforderung führen, bei dem junge Menschen Unterstützung benötigen“, sagt Stefanie Heinsohn. Sie ist Sozialpädagogin am Klinikum Bremen-Ost und leitet ein neues Projekt, das genau diese Hilfe bieten will. „Übergänge gestalten“ heißt das Modellprojekt, das Mitte Juni gestartet ist. Es handelt sich um ein Info-Telefon, bei dem sich junge Menschen mit psychischen Problemen und Erkrankungen nach geeigneten Beratungs- und Behandlungsangeboten in Bremen erkundigen können.

„Solch eine zentrale Anlaufstelle gab es bislang nicht“, sagt die Sozialpädagogin. „Sie ist vor allem deshalb notwendig, weil es nicht immer leicht ist, gerade für diesen Übergangsbereich ein passendes Angebot zu finden. Es gibt sehr viel für Minderjährige und für Erwachsene, aber die Zuständigkeit für diese besondere Schnittstelle ist oft nicht ganz klar erkennbar. Vor allem nicht für Betroffene, die sich in der Regel noch nie damit befasst haben.“ An diesem Punkt will die neue Hotline Orientierung bieten, damit junge Menschen nun leichter Hilfe bekommen.

Diese Phase des Lebens sei besonders sensibel: Druck und Überforderung könnten auch psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, Zwangserkrankungen und Essstörungen auslösen. „Dann stellt sich die Frage, wohin kann ich mich wenden, wo bekomme ich Hilfe?“, sagt Stefanie Heinsohn.

Anonyme Beratung möglich

Das Besondere an der Hotline: Anrufer müssen ihren Namen nicht nennen, die Beratung ist anonym möglich. Der Zugang zu dem Hilfsangebot soll dadurch so einfach gestaltet werden wie möglich. Gerade junge Menschen würden sich oft nicht trauen, sich mit psychischen Problemen an eine offizielle Beratungsstelle zu wenden. Stefanie Heinsohn: „Am Anfang steht bei vielen die Frage: Stimmt etwas nicht mit mir, und wo kann ich hin?“

Stefanie Heinsohn hat alle Beratungsstellen, ambulante und stationäre Behandlungsangebote in Bremen im Blick. Im Fokus sind vor allem solche, die sich auf junge Menschen in dieser Lebensphase spezialisiert haben. Sie hört den Anrufern zu, die über ihre Probleme berichten, und versucht, für sie das passende Angebot zu finden, wenn sie danach suchen. „Einen Druck oder eine Verpflichtung, ein Angebot anzunehmen, gibt es nicht. Es geht darum, sich zu informieren, alles ist freiwillig“, betont sie. „Ich höre zu, frage nach – und wir versuchen gemeinsam, Dinge herauszufinden.“

Wird zum Beispiel nach einer Psychotherapie gefragt, erklärt die Sozialpädagogin, wie der Weg dorthin ist und wie eine solche Therapie funktioniert. Wer noch nie in Berührung damit gekommen sei, so Heinsohn, wisse häufig nicht, dass es unterschiedliche Verfahren gebe. Das seien zum Beispiel die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Verhaltenstherapie, Psychoanalyse, Gesprächspsychotherapie oder die systemische Therapie. „Es ist wichtig, herauszufinden, welches Verfahren passt und dass sich die Betroffenen bewusst entscheiden können, was für sie infrage kommt“, sagt sie.

Die Hotline versteht sich auch als Anlaufstelle für die Behandler selbst: wenn sich im Anschluss an eine Psychotherapie die Frage nach ergänzenden ambulanten Hilfs- oder Beratungsangeboten stellt. „Als die Hotline gestartet ist, haben wir die Psychotherapeutenkammer über unser Konzept informiert, und es gab viele Anrufe von Psychotherapeuten, die sich genauer informiert haben“, sagt Heinsohn. Auch Angehörige können sich bei der Sozialpädagogin melden und sich über das Hilfsangebot für junge Bremer informieren.

Initiator des Modellprojekts ist die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik sowie das Zentrum für Psychosoziale Medizin des Klinikverbundes Gesundheit Nord (Geno). Finanziert wird es mit Fördergeldern der Gesundheitsbehörde.

Eine weitere Idee hinter dem Projekt: „Es geht auch darum, den Bedarf an Beratungs- und Behandlungsangeboten für genau diese Gruppe zu erfassen – und daraus Konsequenzen für die soziale und gesundheitliche Versorgung junger Menschen zu ziehen“, erklärt Stefanie Heinsohn. Das Modellprojekt „Übergänge gestalten“ läuft voraussichtlich bis Ende nächsten Jahres.

Die Hotline

Offene Sprechzeit für das Info-Telefon unter der Nummer 0421 408 622 72 ist donnerstags von 12 bis 16 Uhr. Außerhalb dieser Sprechzeiten können Jugendliche und junge Erwachsene eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen – auch ohne einen Namen zu nennen. Per E-Mail können ebenfalls Fragen gestellt und Gesprächstermine ausgemacht werden. Die Adresse: stefanie.heinsohn@gesundheitnord.de. Das Angebot dient nicht zur Krisenintervention.

In dringenden Fällen können sich die Betroffenen an den psychiatrischen Krisendienst unter Telefon 0421 80058233 wenden.